Destination Bornholm
Wenn du Inselurlaub auf Bornholm machst, solltest du unbedingt die noch viel kleineren Erbseninseln besuchen. Sie liegen noch einmal 20 Kilometer vor Bornholm und sind ein bisschen unwirklich. Gerade einmal 90 Menschen leben auf den Schären Christiansø und Frederiksø, die einst Seefestung des dänischen Königs waren.
Alten Türme und Bastionen, dazwischen viel Grün und romantische Häuser am Hafen. Ein kleines Paradies weit draußen auf der Ostsee, das du bei einem ausgiebigen Spaziergang kennen lernen kannst. Anders geht es auch nicht, denn auf der Insel gibt es keine Autos. Nur ein Sinnbild für die beruhigende Atmosphäre der Ertholmene, wie die Inseln auf Dänisch heißen.
Durch die Wellen, auf die Insel

Die Reise nach Christiansø beginnt im Hafen von Gudhjem. Es ist Vormittag, im Ort werden gerade Stühle vor die Cafés gestellt, die Softeis-Maschine surrt in der Eisdiele gegenüber des Hafens. Am Kai ist schon mehr los: Die M/S Ertholm steht bereit für die erste Überfahrt des Tages.
Während die Passagiere ihre Tickets vorzeigen und an Bord gehen, versammeln sich einige Frauen aus dem Ort am Hafen. Sie sind gekommen um das Schiff zu verabschieden. Es ist zu einer kleinen Tradition geworden, dass die Gudhjemerinnen mit dänischen Liedern eine gute Überfahrt wünschen. Fast täglich kommen sie zur ersten Abfahrt des Tages.
Die Fahrt dauert etwa eine Stunde – Zeit, den Blick auf die Wellen zu genießen, sich auf dem Sonnendeck zu entspannen oder an der Bar ein paar (verhältnismäßig günstige) Getränke zu kaufen. Wie entspannt die Überfahrt ist, hängt natürlich vom Wetter ab. Bei Sturm werden die Fahrten abgesagt. Tickets für die Fahrt nach Christiansø gibt es online oder am Ticketschalter im Hafen von Gudhjem.
Leben auf dem historischen Militärposten

Kurz bevor du Christiansø erreichst, fährt das Schiff an einer weiteren Insel der Ertholmene vorbei. Es lohnt sich hier einen Blick auf Græsholm zu werfen, denn die Insel darf nicht betreten werden. Sie gehört ganz allein den Seevogelkolonien. Tausende Möwen und andere Arten haben die Insel besiedelt und brüten hier.
Anschließend hält das Schiff im Naturhafen genau zwischen Christiansø und Frederiksø. Jetzt betrittst du einen Ort, der wohl einmalig in ganz Dänemark ist. Es ist die berauschend schöne Mischung aus wilder Natur weit draußen in der Ostsee und der besonderen Atmosphäre einer Insel, auf der man praktisch überall ihrer kulturhistorischen Vergangenheit begegnet. Seit dem 17. Jahrhundert besitzen die Inseln eine strategische Bedeutung für Dänemark, dienten einst als militärischer Vorposten zur Kontrolle der Ostsee. König Christian V. lies eine erste Festung errichten, es folgten zahlreiche weitere Gebäude, die bis heute nahezu unverändert erhalten geblieben sind.
Eine kleine Gemeinschaft von etwa 90 Personen lebt heute noch auf den Inseln. Du triffst sie bei deinem Besuch am Hafen, beim Købmand – einem kleinen Geschäft auf der Insel oder in einem der Museen. Sie bewahren den Ort nicht nur für Touristen, sondern sie füllen ihn mit Leben.
Es gibt eine Arztpraxis und eine Schule, ein Postamt, eine Kirche und ein Hotel. Viele der Bewohner haben gehen gleich mehreren Aufgaben, weil hier wenige Tätigkeiten eine tagesfüllende Beschäftigung ergeben. So öffnet die Postbeamte Dänemarks letztes Postamt am Vormittag für ein, zwei Stunden. Anschließend verteilt sie die Post und Pakete, die täglich mit dem Schiff auf die Insel kommen und am Nachmittag führt sie Besucher über die Insel. Der Inselarzt braut übrigens in seiner Freizeit Bier, was du auf der Insel auch kaufen kannst.

Lass dich von der Insel in den Bann ziehen


Ich gebe zu, wenn man erst einmal angelegt hat, dann weiß man gar nicht so genau, wo man anfangen soll. Ein guter Orientierungspunkt ist der Store Tårn, der große Turm. Von seinem Dach aus hast du nicht nur einen fabelhaft Blick über die Erbseninseln, sondern im Inneren des Turms gibt es auch ein kleines Museum. Hier erfährst du in aller Kürze mehr über die bewegte Geschichte dieses Ortes – und kannst dich selbst in der (digitalen) Inselverteidigung üben, in dem du mit Kanonenkugeln auf angreifende Schiffe zielst.
Danach: einfach loslaufen. Durch enge Gassen mit Kopfsteinpflaster, vorbei an gelb gestrichenen Häusern mit roten Dächern. Alte Kanonen, Festungsmauern, Seemannsgeschichten – sie sind hier zum Greifen nah.
Geh unbedingt auch aus dem kleinen Zentrum heraus auf die langen Wege, die sich über die Inseln schlängeln. Du wirst schnell merken, wie still es um dich herum wird. Die Natur ist hier rau und poetisch zugleich – sturmgebeugte Büsche, duftende Kräuter, moosbewachsene Steinmauern und zwischendrin immer wieder einzelne, hunderte Jahre alte Häuser, die zum Träumen einladen. Wie es wohl wäre, hier den Sommer zu verbringen?
„Christiansø ist ein sehr sozialer Ort“

Die Bewohner von Christiansø und Frederiksø leben das ganze Jahr hier draußen. Es ist ein Leben weit weg vom schnellen Karussell dieser Welt – und trotzdem ist man bestens vernetzt. Das Passagierschiff bringt nahezu täglich Post und Pakete auf die Inseln. Denn was es im kleinen Supermarkt nicht gibt, verrät mir Inselbewohner Stefan Holm, bestellt man sich einfach über das Internet. Und das ist – typisch dänisch – auch so weit draußen auf dem Meer schnell und stabil. Für das Handy gibt es überall 5G.
„Das Tempo hier draußen ist viel langsamer als überall sonst“, erzählt mir Stefan Holm, der auf der Insel als Lehrer und als Touristenführer arbeitet. „Es ist ziemlich schwer hier gestresst zu sein.“ Langweilig werde es ihm auf der Insel nie, weil man die Zeit hat sich tiefer in Dinge hineinzubegeben. Viele gingen ihren Hobbys intensiver nach, als anderswo. Er arbeite zum Beispiel in seiner Freizeit mit Musik und konzipiert Multimedia-Shows mit Licht und Lasern, mit denen er gelegentlich im Rest von Dänemark auftritt.
Aber wie ist das im Herbst und Winter, wenn die Saison vorbei ist und keine Boote mit Touristen mehr anlegen, wird es dann hier draußen nicht ziemlich einsam? „Nein“, sagt Stefan und lacht. „Wir sind hier draußen mit 90 Leuten gefangen. Also müssen wir uns miteinander vernetzen, damit es funktioniert.“ Deshalb machen die Christiansøer viele Dinge zusammen – beispielsweise essen sie ein mal im Monat gemeinsam zum Abend. Wer Lust hat Fußball zu spielen fragt in der Facebook-Gruppe der Insel, wer mitmachen will. „Früher habe ich im Norden von Kopenhagen gewohnt. Ich hatte nie mehr soziale Kontakte als heute.“

Das besondere Stück Dänemark in der Ostsee
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Noch ein kleines bisschen abgeschiedener geht es auf Frederiksø zu, der deutlich kleineren der bewohnten Inseln. Eine kleine Fußgängerbrücke führt vom Hafen auf Christiansø hinüber. Hier wohnen viele der Bewohner in den langgezogenen gelben Häusern, hier steht das Gefängnis, in dem lange Zeit unliebsame Dänen im Exil eingesperrt waren und im kleinen Turm befindet sich ein kleines Heimatmuseum.
Von hier aus hast du übrigens auch noch einmal einen richtig guten Blick auf die Vogelinsel Græsholm. Mit einem Fernglas oder Teleobjektiv kannst du die Vögel gut beobachten. Und wenn du Lust auf eine Erfrischung in der Ostsee hast, dann kannst du vom Badesteg aus ins kühle Nass springen.
5 Dinge, die deinen Besuch noch schöner machen


Für deinen Besuch auf den Erbseninseln habe ich ein paar ganz persönliche Empfehlungen zusammengestellt:
- 🛳️ Nimm die erste Fähre des Tages und buche ein spätes Ticket zurück. Legst du um 10 Uhr ab, bist du eine Stunde später auf Christiansø. Oft wird dir direkt ein Ticket für die Rückfahrt um 14 Uhr angeboten. Dann hast du aber nur 3 Stunden Zeit. Das ist meiner Meinung nach zu wenig. Um 16.30 Uhr fährt auch noch ein Schiff zurück. So kannst du die Zeit hier entspannt genießen.
- 🧭 Gehe ganz in den Südosten von Christiansø. Wenn du dort an der äußeren Mauer stehst, entdeckst du in der Ostsee noch eine winzige Schäreninsel, auf der oft Möwen oder Robben Pause machen. Das ist der östlichste Punkt Dänemarks. Früher dachte man, dass hier die Welt endet.
- 🍽️ Iss ein Smørrebrød im Christiansø Kro. Das Gasthaus befindet sich direkt oberhalb des Hafens und bietet eine kleine, aber sehr feine Karte an. Außerdem sind die Inhaber total herzlich. An der Wand der Gaststube findest du außerdem ein Regal mit persönlichen Würfelbechern. Die Inselbewohner spielen hier gern Raffel, ein geselliges Würfelspiel.
- 🚸 Erkunde die Wege und Winkel der Inseln. Geh einfach los und lass dich auch ohne konkretes Ziel treiben. Es gibt so viele schöne Ecken, die gesehen werden wollen. Es empfiehlt sich gutes Schuhwerk, weil die Wege oft uneben sind.
- 🛍️ Besuche die kleinen Geschäfte auf der Insel. Auf Christiansø gibt es eine eigene Glaswerkstatt, die Brauerei des Inselarztes findest du bei einem Inselspaziergang und auch der Souvenirshop ist einen Besuch wert. Hier gibt es auch leckeren Coffee to go. Auch der Mini-Supermarkt ist einen Besuch wert. So tauchst du ein bisschen in das Leben der Inselbewohner ein.
🚫 Ein wichtiger Hinweis: Weil die Erbseninseln ein Vogelschutzgebiet sind, dürfen keine Hunde (und Katzen) mit auf die Insel gebracht werden. 🐕🦺

So ein schöner Bericht!!!
Christiansø und Frederiksø sind für mich zwei Orte, die ich unbedingt mal erleben möchte. Ich habe einen Riesenrespekt vor der Überfahrt ( 🤢🤢), aber alles hat seinen Preis.
Danke für den umfassenden Bericht und die vielen Tips.