von Die dänischen Strände sind für viele Menschen ein absoluter Traum. Jahr für Jahr Sehnsuchtsort, Lieblingsplatz und Reiseziel für hunderttausende Urlauberinnen und Urlaub. Platz gibt es jedenfalls genug, denn die dänischen Strände erstrecken sich landesweit auf über 7.400 Kilometern. Es gibt allerdings ein dickes Problem, denn neben Seesternen, Muscheln und Steinen liegt auch immer mehr Plastikmüll auf dem feinen Sand von Nord- und Ostsee. Es braucht beispielsweise etwa 450 Jahre, bis sich eine Plastikflasche zersetzt hat. Damit hat sie sich aber nicht aufgelöst, sondern ist zu Mikroplastik geworden.
46 Jahre alt – und kein bisschen gealtert
Die Natur hat Kunststoff wenig entgegenzusetzen. Das zeigt auch ein aktuelles Beispiel – in der Hauptrolle eine Tüte „Taffel-Chips“, die es auch heute noch in Dänemark zu kaufen gibt. Doch diese Tüte ist nicht etwa im Retro-Design auf den Markt gekommen. Das Design stammt tatsächlich aus den 1970er Jahren. Um genau zu sein: Das aufgedruckte Mindesthaltbarkeitsdatum zeigt den 11.10.74.
Aufgetaucht ist die Tüte allerdings erst im Juni 2020. Eine Dänin hat die Verpackung, so sagt es die dänische Naturbehörde, im Jahr 2020 gefunden. Sie sei in der riesigen Wanderdüne Råbjerg-Mile in der Nähe von Skagen aufgetaucht. Deshalb vermutet die Behörde, dass die Tüte unter der Düne begraben war. Da sich Råbjerg-Mile nur wenige Zentimeter im Jahr fortbewegt, hat es ganze 46 Jahre gedauert, bis die Tüte wieder ihren Weg ans Tageslicht gefunden hat.
Das Erschreckende dabei: sie sieht aus wie neu! Die Naturbehörde appelliert daran, dass man daran denken soll, den eigenen Müll mit nach Hause zu nehmen. „Er verschwindet nicht von selbst!“, heißt es im dazugehörigen Beitrag.
Auf Abfall-Safari am Strand
Dass der Müll nicht von selbst verschwindet ist ziemlich offensichtlich, wenn man nur am Strand spazieren geht. Beim Suchen nach schönen Muscheln, Hühnergöttern oder Strandglas fällt einem viel Abfall auf, der sich am Spülsaum sammelt. Der Müll ist nicht nur hässlich, sondern kann auch für Mensch und Tier gefährlich werden. So können sich wild lebende Tiere in alten Fischernetzen oder Verpackungsmaterialien verfangen, aus denen sie sich selbst nicht wieder befreien können. Immer wieder finden Forscher auch Plastikmüll in den Mägen von Seevögeln oder Fischen.
Die Kunststoffe können auch giftige oder hormonelle Stoffe enthalten, die so ins Wasser gelangen. Schaumstoffe sind zum Beispiel häufig mit Brandschutzmittel behandelt, was im Salzwasser ausgefüllt wird und nicht besonders gesund ist. Das Problem ist echt groß.
Ich habe mir neulich auch mal einen Sack geschnappt und bin auf Abfall-Safari gegangen. Auf einer Strecke von etwa drei Kilometern habe ich alles an Plastik geschnappt, was zwischen Dünen und Wellen am Strand rumlag. Dabei bin ich auf teilweise wirklich skurrile Sachen gestoßen:
- Wäscheklammern
- diverse Verpackungsfolie
- Rollen von Bürostühlen
- Kappen von Stiften
- Luftballons
- Teile von Fischernetzen und Kunststoffseilen
- Schläuche
- Handschuhe
- Objektiv-Verschluss
- Sigel von Schiffscontainern
- Atemschutzmasken
- und sogar eine Spritzennadel
Unter dem gefundenen Müll waren auch unzählige kleine, blaue Stäbchen. Tatsächlich: am Strand lagen wahnsinnig viele Wattestäbchen aus Kunststoff. Wer dachte, dass das Verbot von Einweg-Kunststoff in Europa eine Schnaps-Idee aus Brüssel war, der täuscht sich. Um einen „guten Umweltzustand“ zu erreichen gilt übrigens ein Schwellenwert von 20 Abfall-Teilen auf 100 Meter Strand. Keines der dänischen Küstengebiete erfüllt diese Anforderung im Moment. Im Jahr 2022 waren es an der dänischen Nordsee 358 Stück Abfall auf 100 Meter Strand, im Kattegat 169 und an der Ostsee nur 35.
Tipp zum selbst Sammeln
Nimm dir einen Sack, in dem Feuerholz verkauft wird, wenn du Müll am Strand sammeln willst. Der Sack ist wie ein Netz. Der Vorteil: Sand und Wasser, die am Müll haften, können einfach abfallen oder ablaufen (Danke an Maik von KreAtiv Blåvand für diesen Tipp). Los wirst du deinen Müll dann eigentlich an jedem offiziellen Strandaufgang. Hier gibt es Mülleimer und meist große Holzkisten, in denen du auch größere Kunststoffteile wie Kanister und Netze entsorgen kannst.
Welcher Müll liegt an dänischen Stränden?
Ein Team von Forschern hat im Projekt MarinePlastic vier Jahre lang untersucht, wie groß das Mikroplastikproblem in den dänischen Meeren tatsächlich ist. Mit dabei waren auch 57.000 dänische Kinder und Jugendliche, die im Jahr 2019 überall im Land Müll gesucht und gesammelt haben. Dabei sind nach Angaben von MarinePlastic mehr als 374.000 Teile zusammen gekommen.
Die Ergebnisse sind wirklich spannend. So fanden die Forscher heraus, dass mehr als 2/3 der gefundenen Abfälle Zigarettenstummel, Plastikfragmente und Süßigkeitenverpackungen waren. Kunststoffflaschen wurden kaum gefunden, was die Studienmacher auf das Pfandsystem in Dänemark zurückführen. Übrigens: An weniger von Badegästen und Spaziergängern besuchten Strandabschnitten finden sich kaum noch Zigarettenstummel. Sie kommen also nicht über das Wasser an die Strände, sondern werden arglos weggeworfen.
Ein Problem vor allem an der dänischen Nordseeküste ist Plastikmüll aus der Fischerei und der Seefahrt. Etwa ein Viertel des Mülls hier besteht aus alten, verschlissenen Netzen und Seilen. Wer dabei hilft den problematischen Müll vom Strand zu schaffen, tut wirklich etwas Gutes. Für Mensch, Tier und Umwelt. Eine gute Nachricht gibt es auch noch: Die Müllmenge an den dänischen Stränden hat in den vergangenen sechs Jahren kontinuierlich abgenommen. So kann es gern weitergehen.
