Das politische System Dänemarks: einfach erklärt

Die Dänen zählen regelmäßig zu den glücklichsten Nationen der Welt, sind bekannt für ihre hyggelige Lebensweise und tatsächlich auch für ihr bürgernahes politisches System. Mit König Frederik X. und Mette Frederiksen als Ministerpräsidentin trifft eine jahrhundertealte Monarchie auf moderne Demokratie. Und das funktioniert so gut, dass die meisten Dänen ein ziemlich hohes Vertrauen in die Politik haben.

Doch wie funktioniert dieses System und wie wirkt sich die Bürgernähe in der Praxis aus? In diesem Beitrag werfe ich mit dir einen Blick auf die politischen Strukturen, Stärken und Schwächen sowie die Beziehung der Dänen zu ihrer Regierung – kurz und knapp erklärt.

Die Grundpfeiler des politischen Systems

Das politische System in Dänemark nennt sich konstitutionelle, parlamentarische Demokratie. An der Spitze des Staates steht formell der Monarch als Staatsoberhaupt. Insgesamt basiert das dänische System auf drei zentralen Säulen:

1. Die konstitutionelle Monarchie

Seit dem Jahr 2024 regiert Frederik X.. Kurz zuvor dankte seine Mutter Margrethe II. ab – sie saß mehr als 50 Jahre auf dem Thron. Frederik X. ist als König also Staatsoberhaupt, jedoch ohne direkte politische Macht. Seine Aufgaben sind repräsentativ: Er muss jedes Gesetze formell unterzeichnen, repräsentiert Dänemark bei Staatsbesuchen und ist Gastgeber für offizielle Anlässe.

2. Das parlamentarische System

Die Regierung und das Parlament, das Folketing, sind die Herzstücke der politischen Macht. Diese demokratische Struktur gewährleistet, dass die Regierung durch das Parlament kontrolliert und von der Bevölkerung gewählt wird.

3. Die Kommunen und Regionen

Dänemark besteht aus fünf Verwaltungsregionen mit insgesamt 98 Kommunen, die eine wichtige Rolle bei der Umsetzung staatlicher Aufgaben spielen. Kommunen sind für Schulen, Kindergärten und lokale Infrastruktur verantwortlich, während die Regionen das Gesundheitswesen verwalten.

Das Folketing: Das Herz der dänischen Demokratie

Der Saal des Folketing – Foto: Christoffer Reginald/ft.dk

Das dänische Parlament wird Folketing genannt. Es befindet sich mitten in Kopenhagen in Schloss Christiansborg. Das Folketing besteht aus einer Kammer mit 179 Abgeordneten. Darunter sind auch je zwei Vertreter aus Grönland und den Färöer-Inseln.

Das sind die wichtigsten Aufgaben des dänischen Parlaments:

  1. Gesetzgebung
    Im Folketing werden Gesetze diskutiert, angepasst und auch verabschiedet.
  2. Kontrolle der Regierung
    Die Abgeordneten haben das Recht die Regierung durch ein Misstrauensvotum abzusetzen.
  3. Haushalt
    Die Verteilung staatlicher Mittel wird vom Parlament beschlossen.

Das Folketing wird alle vier Jahre gewählt. In Dänemark gilt ein Verhältniswahlsystem, bei dem jede Stimme zählt. Eine Partei muss bei der Wahl mindestens 2 % der Stimmen erreichen, um ins Parlament einzuziehen. Wegen dieser niedrigen Schwellen schaffen es auch viele Kleinparteien ins Folketing. Die Wahlbeteiligung liegt oft bei über 80 Prozent, womit Politikwissenschaftler ein hohes Vertrauen der Bevölkerung in das System begründen.

Mette Frederiksen – Die Ministerpräsidentin Dänemarks

Die Ministerpräsidenten Dänemarks werden vom König ernannt. Eine Mehrheitswahl im Parlament wie in Deutschland sieht die dänische Verfassung nicht vor. Allerdings darf die Entscheidung des Königs nicht gegen den Willen des Folketings gerichtet sein.

Seit 2019 ist Mette Frederiksen von den Socialdemokraterne Ministerpräsidentin des Landes und bekannt für einen pragmatischen Führungsstil. In den vergangen Jahren hat sie polarisierende Entscheidungen getroffen.

Zu ihren Erfolgen zählt der Ausbau des Sozialstaats wie Verbesserungen im Gesundheitssystem, eine ambitionierte Klimapolitik und das entschlossene Handeln in der Corona-Pandemie.

Während der Pandemie wurde ihr aber auch vorgeworfen, demokratische Prozesse umgangen zu haben. Beispielsweise ordnete sie im Jahr 2020 die Keulung von Millionen von Nerzen an – ohne ausreichende gesetzliche Grundlage. Außerdem wird ihre strikte Einwanderungspolitik von einigen als zu restriktiv und unmenschlich angesehen.

Mette Frederiksen – Foto: stm.dk

Viele Parteien, viele Meinungen

Dänemarks politische Landschaft und damit auch das Folketing sind von vielen Parteien geprägt, die von linksradikalen bis hin zu nationalkonservativen Positionen reichen. Diese Vielfalt sorgt dafür, dass eine breite Palette gesellschaftlicher Interessen im Parlament vertreten ist.

Gleichzeitig führt diese Zersplitterung dazu, dass selten eine Partei allein regieren kann. Koalitionsregierungen sind die Regel, was oft lange Verhandlungen und Kompromisse erfordert. Während dies eine gewisse Stabilität und Konsensbildung ermöglicht, kann es auch dazu führen, dass wichtige Entscheidungen verzögert werden oder manche Themen in den Hintergrund geraten, um Koalitionen zusammenzuhalten.

Hier ist ein Überblick über die wichtigsten Parteien in Dänemark

Parteiwichtigste Themen
Socialdemokraterne
mitte-links
Sozialstaat, Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte
Venstre
mitte-rechts
Freier Markt, Steuersenkungen, Landwirtschaft
Moderaterne
mitte-zentristisch
Reformen im Gesundheitswesen, Bildung, wirtschaftliche Stabilität
Socialistisk Folkeparti
links
Sozialstaat, Umweltschutz, Gleichstellung
Danmarksdemokraterne
nationalkonservativ, populistisch
dänische Werte, ländliche Regionen, strikte Einwanderungspolitik
Liberal Alliance
wirtschaftsliberal, libertär
Steuersenkungen, Bürokratieabbau, individuelle Freiheit
Konservative Folkeparti
konservativ
traditionelle Werte, wirtschaftliche Stabilität, zurückhaltende Klimapolitik
Enhedslisten
linksradikal
Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, Antikapitalismus
Radikale Venstre
sozialliberal
Bildung, Menschenrechte, pro-europäisch
Alternativet
Umweltpartei
Nachhaltigkeit, neue politische Ansätze, Basisdemokratie
Dansk Folkeparti
nationalkonservativ
Einwanderungspolitik, dänische Kultur

Bürgerbeteiligung: Volksabstimmungen und Mitbestimmung

Dänemark ist ein Vorreiter, wenn es um Bürgerbeteiligung geht. Dazu gibt es neben den Wahlen auch die Möglichkeit von Volksabstimmungen. Die finden immer dann statt, wenn:

  • wenn eine Verfassungsänderung ansteht.
  • wenn ein Gesetz verabschiedet wurde, das mindestens ein Drittel der Abgeordneten oder 50.000 Bürger*innen ablehnen.
  • bei wichtigen internationalen Fragen, wie zum Beispiel der EU-Mitgliedschaft.

Volksabstimmungen finden in Dänemark allerdings relativ selten statt. Seit dem Jahr 1953 gab es 16 Volksabstimmungen. Wichtige Beispiele dafür:

  • 1972: Abstimmung über den Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft (heutige EU, angenommen).
  • 1992 und 1993: Abstimmungen über den Maastricht-Vertrag (zunächst abgelehnt, später in modifizierter Form angenommen).
  • 2015: Abstimmung über eine vertiefte Zusammenarbeit in EU-Justizfragen (abgelehnt).

Politiker und Bürger im digitalen Dialog

In Dänemark wurde die Digitalisierung schon immer vorangetrieben und auch aktiv genutzt. Es ist deshalb nicht ungewöhnlich, dass Politikerinnen und Politiker sehr aktiv in den Sozialen Netzwerken sind. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen teilt bei Facebook (hat einen hohen Stellenwert in Dänemark) nicht nur viele politische Botschaften, sondern gibt auch persönliche Einblicke in ihr Leben und ihre Arbeit. Gelegentlich antwortet sie sogar auf einzelne Kommentare.

Auch der ehemalige Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen (inzwischen Moderaterne) hat oft kontroverse politische Entscheidungen auf Twitter erläutert und sich aktiv an Diskussionen beteiligt.

Noch häufiger funktioniert das auf kommunaler Ebene. Politiker kommunizieren hier in den Sozialen Medien über lokale oder regionale Themen und sind so in stärkerem Kontakt mit den Menschen vor Ort. Diese Offenheit schafft eine besondere Nähe, bei der die Menschen das Gefühl haben, dass ihre Stimme gehört wird.

Die Dänen haben vielleicht auch deshalb ein hohes Vertrauen in ihre politischen Institutionen. Laut Umfragen glauben über 70 % der Bevölkerung, dass die Politik im besten Interesse der dänischen Gesellschaft handeln. Dennoch gibt es kritische Stimmen, insbesondere bei kontroversen Themen wie der Migrationspolitik.

Regionen und Kommunen: Die Dezentralisierung der dänischen Politik

Während die Politik in Kopenhagen die grundsätzlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen für Dänemark festlegt, kümmern sich die fünf Regionen und 98 Kommunen um wesentliche Aufgaben vor Ort.

Zentrales Entscheidungsorgan in den Regionen sind die direkt gewählten Regionalräte. Sie entwickeln Pläne und Budgets für folgende regionalen Aufgaben:

  • Gesundheitswesen
    • Betriebe von Krankenhäusern
    • fachärztliche Versorgung
    • Prävention und regionale Gesundheitsförderung
  • Regionale Entwicklung
    • Wirtschaftsentwicklung: Förderung von Unternehmen und Arbeitsplätzen
    • Infrastrukturplanung regionaler Projekte
    • Umweltschutz: Koordination zur nachhaltigen Entwicklung
  • Bildung und Kultur
    • Unterstützung kultureller Einrichtungen
    • Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen bei überregionalen Projekten

In den Kommunen agieren Bürgermeister (Burmester) und Kommunalräte weitreichend autonom. Sie werden von den Bürgern gewählt und kümmern sich um folgende Aufgaben:

  • Verwaltung von Schulen und Kindergärten
  • Gesundheitsdienste wie lokale Kliniken
  • Bau und Wartung von lokaler Infrastruktur und Straßen
  • Sozialdienste wie Altenpflege und Unterstützung für Arbeitslose

Schwachstellen des politischen Systems in Dänemark

An der ein oder anderen Stelle ist es hier im Beitrag schon angeklungen – auch das politische System in Dänemark hat seine Schwächen. So führt beispielsweise die politische Polarisierung bei Themen wie der Migrationspolitik nicht nur zu einer Spaltung der Gesellschaft. Infolge dessen gründeten sich bereits einige Kleinstparteien, die wegen der geringen 2 Prozent-Hürde im Folketing für eine Zersplitterung des Parteienspektrums führen. Politische Entscheidungen werden durch die vielen Akteure langwieriger.

Auch die sonst viel gelobte Digitalisierung der Verwaltung ist nicht nur positiv zu sehen. Vor allem ältere Menschen oder Personen mit einer geringen technischen Kompetenz sind mit den digitalen Prozessen überfordert. Der Übergang hin zu vollständig digitalisierten Prozessen hat zu einer Lücke zwischen technikaffinen und weniger versierten Gruppen geführt.

Zuletzt noch ein viel diskutiertes Problem auf regionaler Ebene. Weil die Regionen keine eigene Steuerhoheit haben, sind sie hauptsächlich auf staatliche Zuschüsse angewiesen. Durch diese Abhängigkeiten sind die Regionen politisch vom Staat abhängig und müssen bei der eigenen Haushaltsplanung stärker priorisieren. Schnell bleiben wichtige Investitionen hinter den zentralen Aufgaben zurück. So gibt es Konflikte bei der Investition in neue Technologien im Gesundheitswesen oder beim Umweltschutz.

Doch Punkte zeigen, dass auch in einem fortschrittlichen System nicht alles perfekt ist. Was hältst du vom politischen System in Dänemark? Schreib es mir in die Kommentare weiter unten.

Chris

Wind in den Haaren, ein Softice in der Hand und die Gischt im Gesicht, glücklicher kann ich kaum sein. Deshalb blogge ich hier auch über meine Leidenschaft - über Dänemark. Kultur, dänische Gerichte, Urlaubstipps und viel mehr findest du auf diesem kleinen Stück Dänemark im Internet. Außerdem begrüße ich in meinen Podcasts regelmäßig Menschen und schnacke mit ihnen über das Königreich. Ich hoffe, dass dich klitly genauso glücklich macht, wie mich.

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Ein Gedanke zu “Das politische System Dänemarks: einfach erklärt

  1. Lieber Chris!

    Danke für deinen wichtigen und übersichtlichen Beitrag. Auch ich habe den Eindruck, dass manche Parteien deckungsgleich erscheinen – vielleicht sind diese entstanden, weil man sich aufgrund irgendwelcher Differenzen oder Details nicht den größeren Parteien anschließen wollte?
    Frag mich ja auch, wie die politische Bildung in Dänemark ist – im deutschsprachigen Raum tun sich schon manche schwer, eine Wahl zu treffen, wie ist das dann mit ganz vielen Parteien? Ich würde da ewig brauchen, um mir alle Parteiprogramme durchzulesen.

    Lieben Gruß,
    Lucy

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