Unbeauftragte Markennennungen
Wer in Deutschland günstig tanken will, der muss entweder ein guter Marktbeobachter oder einfach nur zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Hier sind wir es gewohnt, dass zwischen dem morgendlichen und abendlichen Benzinpreis auch locker mal 20 Cent Preisunterschied und mehr liegen können. Dazwischen geht es immer mal wieder ein paar Cent rauf und runter. Wem so ein nervöser Kurs vertraut ist, dem fällt direkt auf, dass die Preise für Benzin und Diesel in Westjütland häufig recht stabil sind. Jedenfalls ging es klitly-Leser René so, als er vor ein paar Wochen am Ringkøbing Fjord Urlaub gemacht hat. Deshalb hat mir René auch geschrieben. Er wollte wissen, was es mit den dänischen Benzinpreisen auf sich hat. Seine Vermutung: Die Preise sind genauso entspannt wie die Dänen. Klingt jedenfalls nach einer charmanten Antworten. Doch stimmt das auch?
Auch die dänischen Benzinpreise sind ans Rohöl gebunden
Tatsächlich habe ich die gleiche Beobachtung wie Rene gemacht. Wir waren im September 2020 an der Westküste und haben erstaunt festgestellt, dass sich der Benzinpreis in zwei Urlaubswochen vielleicht zwei oder drei Mal insgesamt geändert hat. Sorgenfrei konnten wir da unseren Tankstopp auf den nächsten Urlaubstag verschieben, weil wir ja wussten, dass sich der Preis ganz wahrscheinlich nicht ändern wird. Herrlich. Aber warum ist uns das in den vergangenen Jahren gar nicht aufgefallen?
Das hat gleich mehrere Gründe, aber von vorn: Der Benzinpreis orientiert sich in Dänemark genau wie bei uns in Deutschland am Rohölpreis. Die dänischen Wettbewerbsbehörden überwachen das auch ziemlich genau. Früher haben die dänischen Tankstellen-Unternehmen den Benzinpreis nur ein paar Mal pro Woche angepasst. Das ging den Marktwächtern aber nicht weit genug. „Die Wettbewerbsbehörden wollten, dass die Erdölpreise noch genauer widergespiegelt werden“, erklärt Lene Bonde im coop-Verbrauchermagazin samvirke. „Wenn der Ölpreis jetzt täglich steigt und fällt, müssen wir den Preis anpassen, sobald sich der Preis um ein paar Øre ändert.“
Im Durchschnitt ändert sich der Listenpreis alle drei Tage
Im Klartext heißt das, dass die zwölf großen dänischen Tankstellenunternehmen jeden Tag einen neuen Listenpreis an die Stationen im ganzen Land verteilen. Der muss sich nicht immer ändern. Das tut er nur, wenn sich der Rohölpreis am Weltmarkt auch wesentlich geändert hat. Wie oft ändert sich der Listenpreis aber tatsächlich? Um diese Frage zu beantworten, habe ich die Daten von drei großen dänischen Mineralölunternehmen ausgewertet: OK, Shell und Ingo. Demnach haben OK und Shell im Jahr 2019 ihren Listenpreis durchschnittlich alle 3 Tage geändert (121 mal), der Benzin-Discounter Ingo nur alle 3,3 Tage (111 mal). Auch bis Oktober 2020 kommen die genannten Tankstellen auf ganz ähnliche Werte.
Nun macht man sich im Urlaub ja überhaupt keine Gedanken darüber, wie sich der weltweite Rohölpreis verhält. Um ehrlich zu sein ist es mir auch sonst meist herzlich egal. Nun trug es sich aber zu, dass sich dieser Rohölpreis während meines Urlaubs im September (rot markiert) offenbar kaum vom Fleck bewegte. Innerhalb von zwei Wochen war war die Veränderung nur drei Mal so groß, dass die Tankstellen ihren Listenpreis angepasst haben. Immerhin haben René und ich richtig gezählt. 😉
Der Listenpreis ist nur ein Richtpreis
Im Diagramm siehst du auch, dass es Zeiten gibt, in denen der Benzinpreis viel häufiger, beinahe täglich angepasst wurde. Es wird allerdings noch etwas komplizierter und das hat schlicht und einfach mit der Zahl der Tankstellen zu tun. Während wir in Deutschland rund 14.500 Tankstellen haben, sind es in ganz Dänemark gerade mal 2.000 Stück. Warum macht das aber einen Unterschied? Es geht hier um Konkurrenz. Gibt es weit und breit nur eine einzige Tankstelle, dann werden die meisten Menschen genau an dieser Station tanken. Gibt es in einem Ort aber gleich zwei oder sogar drei Unternehmen, die ihr Benzin verkaufen wollen, merkt man das auch an den Preisen.
Tankstellenbetreiber beobachten also die Preise der Konkurrenz und passen den von den Zentralen vorgegebenen Listenpreis schließlich an. Das wird auch in Dänemark gemacht – auch hier mehrmals täglich. Das betrifft aber vor allem jene Regionen, die stärker besiedelt sind, also die großen Städte und Vororte. Hier gibt es viele Kunden und damit auch viele Tankstellen. In Westjütland, gerade an den Küstenstraßen ist aber all das nicht der Fall. Hier ist die Konkurrenz oft kleiner und die Preise bleiben damit auch über den Tag stabil. In Zeiten in denen der Mineralölpreis sehr stabil ist, tut sich hier also tagelang auch mal gar nichts. In der Hauptstadtregion oder in und um Aarhus und Co. dürfte das aber anders sein.
In aller Kürze: Jein, die dänischen Benzinpreise sind nicht stabiler als in Deutschland. Hier und dort sind die Preise an den weltweiten Rohölpreis gebunden. Einmal täglich geben die dänischen Tankstellenunternehmen einen neuen Listenpreis an die Stationen aus. Der ändert sich nur, wenn sich der Rohölpreis auch wesentlich geändert hat. Ausschlaggebend für kurzfristige Preisänderungen ist auch in Dänemark die Tankstellen-Konkurrenz in der Nähe. Bei abgelegeneren Tankstellen bleibt der Preis automatisch stabiler – sogar über Tage hinweg.
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