Alles begann mit einem Flyer, auf dessen Vorderseite in großen, weißen Buchstaben stand: „Dänemarks größte Wildnis“. Der Flyer war vom Nationalpark Thy und wir waren uns gleich sicher: das müssen wir sehen. Die Entscheidung trafen wir schon im Frühjahr 2017. Weil die Urlaubszeit aber beinahe vorbei war, mussten wir auf den Ausflug noch ein ganzes Jahr warten. Im April 2018 war es dann endlich soweit. Und eine Menge Fragen wollten beantwortet werden: Welche Route nehmen wir? Wie kommen wir zum Nationalpark? Und was gibt es überhaupt zu sehen? In diesem Text will ich euch etwas über den Nationalpark, aber auch von unserer Planung und unerwarteten Abenteuern erzählen.
Nationalpark Thy – zwischen Küstenheide und Versuchswald
Der Nationalpark Thy liegt auf der nördlichsten Insel Jütlands und erstreckt sich auf einer Länge von 52 Kilometern entlang der Nordsee, von seinem südlichsten Punkt Agger Tange bis in den Norden nach Hanstholm. Erst im Jahr 2007 wurde das Gebiet unter Schutz gestellt, im August 2008 wurde es schließlich als erster Nationalpark Dänemarks eingeweiht.
Der Landstrich wurde vor allem durch das raue Nordseeklima geprägt: peitschende Winde, Sandflug und das salzige Nordseewasser formten die weite Dünenheidelandschaft. Im rauen Umfeld wachsen beinahe ausschließlich anspruchslose Pflanzen wie Heidekraut oder Strandgras. Wegen der starken Naturkräfte blieb es immer schwierig in der Gegend zu siedeln. Häuser und Hütten wurden immer wieder vom Sand zerstört oder verschüttet. Die Menschen mussten weiterziehen. So blieben weite Teile Thys der Natur überlassen, in anderen hingegen wird der menschliche Einfluss deutlich.
Wie ein Sandflug-Kommissar eine verwunschene Landschaft schuf
Der sich immer weiter ausbreitende Sand schuf nicht nur die Landschaft über hunderte Jahre hinweg, sondern war eines der größten Probleme der Menschen in der Region. So versuchten die Menschen im 19. Jahrhundert dem Sandflug zu begegnen. Der Sandflug-Kommissar musste sich also etwas einfallen lassen, um die Böden zu befestigen. Es entstand eine erste so genannte Versuchsplantage, in der Weiden, Birken und Fichten angepflanzt wurden, um zu einem Wald heranzuwachsen. Gut 20 Jahre lang versuchte man in der Thagaard Plantage inmitten Thys die Bäume großzuziehen, doch trotz zahlreicher Gräben und kleiner Deiche blieben sie viel zu klein. Trotzdem überlebten die Pflanzen die vergangenen 200 Jahre und laden heute in eine verwunschene Welt ein: in einen Wald voller alter knorriger und krummer Bäume. Neben der Thagaard Plantage gibt es noch andere Versuchswälder, in denen die Bäume besser gediehen sind.
Natur, Natur und noch mehr Natur
Eine Übersicht über alle Versuchswälder, Dünenheiden und Naturerlebnisse gibt die Verwaltung des Nationalparks auf ihrer Internetseite. Außerdem gibt es einen kostenlosen Guide fürs Smartphone, herunterzuladen in den App-Stores von Google und Apple. Die App hat sich als nützlicher und spannender Begleiter auf den Wandertouren erwiesen und gibt zu Hause schon einmal einen guten Überblick. So kann man in aller Ruhe Touren zusammenstellen und Sehenswürdigkeiten heraussuchen. Genau so haben wir es auch gemacht und haben uns für die Dünenheide Lodbjerg entschieden. Nicht zuletzt, weil es dort einen Leuchtturm gibt und ich Leuchttürme einfach liebe. Allerdings waren einige andere Touren und Ausflüge im April gar nicht möglich. Der Grund ist einfach: im Nationalpark Thy gibt es viele Gebiete, in denen Vögel brüten. Um die Tiere nicht zu stören, werden einige Wege von April bis Mitte Juli gesperrt.
Es führen viele Wege nach Thy- aber auch eine Autofähre
Um nach Thy zu kommen, muss man immer über das Wasser. Das geht natürlich über eine Brücke, was je nachdem von wo man anreist ein weiterer Umweg sein kann. Es gibt aber auch eine Autofähre, die von Thyborøn nach Agger Tange übersetzt. Und wenn man schon die Wahl hat zwischen Brücke oder Fähre, dann stellt sich praktisch keine Frage. Wir sind also mit der Fähre von Thyborøn aus übergesetzt. Die Kosten sind mit rund 20 DKK pro Erwachsenem (rund 3,70 Euro, in der Hauptsaison 30 DKK) und 10 DKK je Kind (rund 1,30 Euro, in der Hauptsaison 3,70 Euro) recht überschaubar. Das Auto muss extra bezahlt werden und kostet zwischen 60 und 70 DKK (8-10 Euro). Es können aber auch Motorräder, Mopeds, Fahrräder, Wohnwagen und LKWs mitgenommen werden. Die Fähre fährt wochentags in der Regel zwischen 6 und 18 Uhr, am Wochenende erst etwas später. Aktuelle Fahrpläne gibt es auf der Internetseite der Reederei Thyborøn-Agger Færgefart.
Das Übersetzen an sich ist schon ein kleines Erlebnis. Während der Fahrt legt man etwas über zwei Kilometer zurück, was nicht viel länger als eine viertel Stunde dauert. Allerdings ist man auf dem Wasser und allein das ist, wie ich finde, ein großes Glücksgefühl. Es fühlt sich immer etwas nach Freiheit an, auch wenn uns im April noch ein ziemlich frischer Meereswind um die Nase wehte. Man sagt auch, dass sich von der Fähre aus häufig Robben beobachten lassen. Wir hatten damals leider kein Glück.
Ein bisschen wie am Ende der Welt – aber mit Internetanschluss
Auf der Nehrung Agger Tange angekommen, kam es uns ein bisschen vor, wie in einer anderen Welt. Die weite flache Landschaft war völlig ungestört. Nur eine einzige Straße mit wenig Verkehr führt in den Norden. Man fährt an großen Seen und Wasserflächen, Küstendünen und Strandwiesen vorbei, in denen insbesondere die Zugvögel im Frühjahr und Herbst Rast machen. Im Frühjahr nisten außerdem tausende Vogel hier.
Gleich nach der Fährfahrt findet ihr übrigens auf der rechten Straßenseite ein kleines Informationszentrum. Hier kann man sich über den gesamten Nationalpark und besonders über die Natur von Agger Tange informieren. Toiletten, Aussichtspunkt und sogar – hier im Natur-Nirgendwo – freies WLAN.
Wie es weiter ging? Hier erfährst du mehr über unseren Trip nach Thy und die Dünenheide Lodbjerg.